Abschied von der Demokratie?

Nie war die Demokratie so verbreitet wie heute. Die Nicht-Regierungsorganisation Freedom House ermittelte im Jahr 2012 weltweit 117 parlamentarische Demokratien. Demnach waren 60 Prozent aller Staaten weltweit demokratisch.

In West- und Zentraleuropa sowie in Nord- und Südamerika ist die Demokratie die dominierende Staatsform. Alle 25 Staaten Westeuropas sind parlamentarische Demokratien. In Süd- und Mittelamerika waren 2012 von den insgesamt 35 Staaten 30 parlamentarische Demokratien. Freedom House klassifizierte davon 24 Staaten als frei und sechs als eingeschränkt frei.

All das klingt nach einem Siegeszug der Demokratie. Sie scheint unangefochten die beliebteste Herrschaftsform freier Gesellschaften zu sein. Doch diese Wahrnehmung täuscht. Denn obwohl die Demokratie heute weit verbreitet ist, verliert sie zugleich massiv an Vertrauen. Zurückzuführen ist dieser Vertrauensverlust vor allem auf die parlamentarischen Vertreter. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2014 sind 73,1 Prozent der Bundesbürger der Ansicht: „Die demokratischen Parteien zerreden alles und lösen die Probleme nicht“. Nur noch 23 Prozent vertrauen demnach den Parteien. Eine Untersuchung der Freien Universität Berlin vom Februar 2015 kommt zu einem ähnlich besorgniserregenden Befund. In der Umfrage hielten mehr als 60 Prozent der Befragten die Demokratie nicht mehr für eine echte Demokratie.

All diese Menschen drängen auf grundlegende Veränderungen. Seit langem schon wächst die Kluft zwischen ihnen und der Politik, weil die Vorstellungen darüber, wie die Welt in der wir leben, organisiert und gestaltet werden soll, immer weiter auseinandergehen. Aber fragt man Menschen, wie sie leben sollen, wissen viele darauf keine schlüssige Antwort. Sie sehnen sich nach Veränderung, ohne genau sagen zu können, wie diese aussehen soll.

Erstmals wagen es nun einige Mutige, diesen Suchenden ein Angebot jenseits aller bisherigen politischen Vorstellungen zu machen. Was sie planen, ist einerseits grundlegend neu, andererseits aber auch eine unübersehbare Reminiszenz an die große Zeit der Stadtstaaten. Zwei dieser Mutigen sind Titus Gebel und Frank Karsten. Gebel ist promovierter Jurist und Gründer der Deutschen Rohstoff AG. Karsten gründete das niederländische Mises-Institut und die Stiftung „Mehr Freiheit“. Gemeinsam haben sie die Initiative „Free Private Cities“ auf den Weg gebracht. Dahinter verbirgt sich die Idee, in Städten zu leben, die nicht von Politikern regiert, sondern nach ökonomischen Grundsätzen organisiert und auf der Basis eines zwischen dem Unternehmen Stadt und dem Bürger zu zeichnenden Leistungsvertrages finanziert werden (freeprivatecities.com).

Titus Gebel formuliert das so: „Stellen Sie sich vor, ein privates Unternehmen bietet Ihnen die grundlegenden Dienste eines Staates, das heißt Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum in einem festgelegten Gebiet. Sie zahlen einen bestimmten Betrag für diese Leistungen pro Jahr. Ihre Rechte und Pflichten sind in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Anbieter festgelegt. Ansonsten können sie tun und lassen, was Sie wollen. So sind Sie ein gleichberechtigter Vertragspartner mit einer gesicherten Rechtsposition und nicht länger vom sich ständig verändernden Willen der Regierung oder der Mehrheit abhängig.“

Er ist davon überzeugt, dass die politischen Systeme weltweit an ihre Grenzen stoßen. Privatwirtschaftlich organisierte Freie Privatstädte hingegen könnten helfen, die gesellschaftlichen Übel zu lösen, die derzeit so viele Länder plagten. Vertragssicherheit ist das zentrale Element des Zusammenlebens in den Freien Privatstädten. Eine schriftliche Vereinbarung mit dem Betreiber der Freien Stadt tritt an die Stelle des fiktiven und von der Politik jederzeit veränderbaren „Gesellschaftsvertrages“. Der Vertrag definiert klar die jeweiligen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Und anders als die heutigen Politiker kann der Betreiber dieses Abkommen nicht einseitig ändern. Konflikte um seine Interpretation kommen vor eine unabhängige Schiedsstelle.

Da die Bewohner der Stadt zum Schutz Ihres Lebens, ihrer Freiheit und ihres Eigentums bezahlen, können sie gegen die Betreiberfirma klagen, wenn diese ihre Verpflichtungen nicht einhält. Für die Wirtschaft sollen neue Freiheiten gelten. „Innovation wird als Chance gesehen, nicht als Risiko“, sagt Gebel. „Jeder kann neue Produkte und Dienstleistungen ohne Genehmigung oder Lizenz einführen und für sie in jeder beliebigen Währung bezahlen.“

Er glaubt fest daran, dass Freie Privatstädte sogar Migrationsprobleme lösen können, wenn die Städte in der Nähe solcher Regionen entstehen, in denen Menschen unter politischen Systemen leiden, die sie ihrer Freiheit berauben, die sie wegen ihrer Religion verfolgen und in denen keine wirtschaftliche Entwicklung möglich ist. Wäre eine Freie Privatstadt in der Nähe, könnten sie dorthin auswandern.

Nach den Vorstellungen von Gebel und Karsten lösen solche Städte letztlich jeden politischen Streit auf, weil er schlicht überflüssig wird. Kompromisse gehören demnach ebenfalls der Vergangenheit an, weil die Auseinandersetzung zwischen nicht kompatiblen Ideen oder Ideologien gar nicht erst entsteht, denn schließlich soll sich jeder unter den Freien Privatstädten das Angebot heraussuchen können, das seinen Bedürfnissen am ehesten entspricht.

Die Verfechter der Freien Privatstädte glauben, dass sie alles, was sie vom freien Markt her kennen, auch auf das Zusammenleben der Menschen übertragen können. Folglich sprechen sie von einem „Markt des Zusammenlebens“: „Der Anbieter eines Staats- oder Regierungsservice kann ein spezielles Modell des Zusammenlebens auf einem begrenzten Territorium anbieten. Und nur diejenigen, denen dieses Angebot gefällt, siedeln sich dort an. Solche Angebot müssen attraktiv sein, denn sonst gibt es keine Kunden“, schreiben Gebel und Karsten in ihrem Konzept.

Doch bevor überhaupt über Konzepte diskutiert werden kann, braucht es Investoren und Flächen, auf denen Freie Privatstädte entstehen können. Idealerweise sollten die Flächen einen Seezugang haben und bislang noch nicht besiedelt sein, empfehlen Gebel und Karsten. Damit grenzen sie die möglichen Standorte schon deutlich ein. Außerdem müsste der Staat, der die Fläche zur Verfügung stellt, die Ansiedlung genehmigen und auf seine Souveränität verzichten. Verhandlungen darüber dürften sich schwierig gestalten, denn warum sollten die Verfechter des bisherigen politischen Systems sich Konkurrenz auf dem eigenen Territorium machen?

All das wissen auch Gebel und Karsten. Wenn sich ein Land wirtschaftliche Vorteile davon verspreche, könne es gelingen. Vermutlich werde der „Mutterstaat“ seine Souveränität nicht ganz aufgeben wollen, sagen sie. Er werde die Einhaltung internationaler Verträge fordern, etwa zu Atomwaffen oder zur Geldwäsche. „Von Monaco etwa ist bekannt, dass es einige Zugeständnisse machen musste. So ist Monaco vertraglich verpflichtet, die wirtschaftlichen und politischen Interessen Frankreichs nicht zu verletzen“, sagt Gebel.

Im Internet haben seine Pläne bereits eine lebhafte Diskussion unter all jenen ausgelöst, die sich der Freiheit verschrieben haben und die in der Bevormundung und Daueralimentierung durch den Sozialstaat eines der Grundübel unserer Zeit erkannt haben. Und es gibt inzwischen ähnliche Initiativen auch in anderen Weltteilen.

Weil es heute viel an der repräsentativen Demokratie zu kritisieren gibt, ist es notwendig, neue Ideen unter die Lupe zu nehmen und sie auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. Der Deutscher Arbeitgeber Verband plant daher eine Beitragsreihe zu „Startup-Staaten, Sonderzonen und Freie Privatstädte“. Darin wird das Thema aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet.

Autor: Peter Schmidt ist Präsident des Deutscher Arbeitgeber Verband e.V.

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Der BSZ e.V, wird die Beitragsreihe zu „Startup-Staaten, Sonderzonen und Freie Privatstädte“, des DAV begleiten und an dieser Stelle weiter berichten. Gerade weil es immer wieder Bemühungen gegeben hat, Gewalt einzudämmen und an ihre Stelle Recht und Gesetz, also verbindliche Gesellschaftsverträge treten zu lassen. Auch diese waren bekanntlich nur bedingt „gerecht“, zumindestens aber ermöglichten sie die Eindämmung der Willkürakte der Stärkeren gegenüber den Schwächeren. Die vom Staat aktuell ergriffenen Maßnahmen signalisieren leider nicht das Ende der Gefährdung, sondern eher den Auftakt einer Periode der Willkür und der Gewaltherrschaft der Starken über die Schwachen.

Auch mit diesem Beitrag des DAV wirbt der BSZ e.V. um Verbündete, die immer wieder und bei allen Gelegenheiten, für zivilisierte, gewaltfreie, friedliche, gerechte Lösungen eintreten und Unrechtsbewusstsein, Rechtsradikalismus und Terror ächten und stattdessen täglich die Botschaft transportieren: weltoffen, gewaltfrei und tolerant!

Der BSZ e.V. fordert die Unternehmen und die Medien auf, ihre Trendmaschinerie für Weltoffenheit, Gewaltfreiheit und Toleranz einzusetzen. Da sich Trends wie eine Epidemie verbreiten wird es sehr schnell „mega cool“ sein, Gewalt und Terror zu ächten. Je öfter die Menschen lesen, dass es mega in ist, weltoffen, gewaltfrei und tolerant sein, desto schneller werden wir uns von Gewalt und Terror befreien können.

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