Senioren: Angeblich leben sie auf Kosten der jüngeren Generation, bauen die meisten Verkehrsunfälle und sind zu alt für das Arbeitsleben.
Ich bin 76 Jahre alt und somit der Zahl der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, zuzurechnen. Das waren laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2015 in Deutschland knapp 17 Millionen Menschen.
Die Gesellschaft bezeichnet mich als Senior. Neudeutsch auch Best-Ager oder Silver-Ager genannt. Ich fühle mich keiner der drei Bezeichnungen zugehörig. Es ist wohl der Deutschen Ordnungsliebe geschuldet alles schön beschriftet in eine Schublade zu packen. Da finden sich dann neben den Senioren, die Arbeitslosen, die Asylbewerber, die Hartz-IV Empfänger, die Obdachlosen (auch als Penner bezeichnet), die Alkoholiker, die Drogensüchtigen usw.
Wer in dieser Schublade gelandet ist, erlebt im Alltag die übliche Diskriminierung. Über den auf dem Bürgersteig schlafenden Penner steigt man einfach darüber, den Asylbewerber bedenkt man mit abschätzigen Bemerkungen, dem Senior gegenüber verhält man sich abweisend und ungeduldig.
Beim Restaurantbesuch landet man, sofern man sich nicht wehrt, meist am „Katzentisch“. In Geschäften oder auch im Krankenhaus ist man Belästigung, Bevormundung, Respektlosigkeit und Diskriminierung in der medizinischen Versorgung ausgesetzt. Mitunter ist man sogar dem Verdacht ausgesetzt idiotisch zu sein.
Angeblich leben wir auf Kosten der jüngeren Generation, Bauen die meisten Verkehrsunfälle und sind zu alt für das Arbeitsleben. Es ist egal ob Sie 50 Jahre unfallfrei Auto gefahren sind, Ihre KFZ-Versicherung erhöht wegen ihres Alters die Beiträge. Die Bank lehnt auf Grund Ihres Alters den gewünschten Kredit ab. Diese Aufzählung kann beliebig lange fortgeführt werden.
Alleine diese kleine Aufzählung unterstreicht die Größe der Herausforderung der Altersdiskriminierung für ältere Erwachsene. Der Anteil der Bevölkerung im Senioren-Alter ist neben Italien nirgendwo in Europa so hoch wie in Deutschland, wo nach Angaben von Eurostat 20,8 Prozent der Menschen im Alter von 65 Jahren und darüber sind. Der prognostizierter Bevölkerungsanteil über 65-Jähriger in Deutschland soll für 2060 bei 34% liegen. Das macht deutlich, dass die Diskriminierung aufgrund des Alters immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Diskriminierung ist eine böse Eigenschaft – Aber gegen ältere Menschen ist es von der Gesellschaft auch ziemlich dumm. Denn alleine in diesem Jahrzehnt werden nach Information von ad infinitum voraussichtlich 2,9 Billionen Euro an nachfolgende Generationen weitergegeben. Im Durchschnitt werden 300.000 Euro vererbt. In den voraussichtlich 5,7 Millionen Erbfällen wechselt demnach mehr als ein Viertel des Vermögens der privaten Haushalte von insgesamt rund 9,4 Billionen Euro den Besitzer.
Dazu sind die Senioren versierte Verbraucher und kaufen in der Regel hochwertige Produkte. In Anbetracht des Wirtschaftspotenzials der Senioren, die 25 % der EU-Bevölkerung ausmachen, ist es dem Wachstum abträglich, die Senioren als alltagsferne Bevölkerungsgruppe zu betrachten die man ungestraft diskriminieren kann.
Grundsätzlich hat jeder, unter Beachtung der vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen, das Recht, die Erben seines Vermögens selbst zu bestimmen. Außerdem sind 25% der Bevölkerung eine starke Zahl um sich politisch Gehör zu verschaffen.
Die Stiftung ad-infinitum fordert die Politik und die Gesellschaft auf alles dafür zu tun, um ein Altern in Würde zu ermöglichen. ad-infinitum ist der Auffassung, dass die Aspekte Wohlergehen und Autonomie dabei eine zentrale Rolle spielen sollten. Der Grundsatz der Gleichheit (Artikel 20 der Charta der Grundrechte) darf nicht allein auf die Idee von Pflege (care) reduziert werden. Die europäischen Senioren stellen beinahe 125 Millionen Bürger, die ihr Leben, die Wirtschaft und das Wachstum selbstständig gestalten wollen. ad-infinitum vertritt aus dieser starken Position heraus die Interessen der Senioren.
Autor: Horst Roosen
ad-infinitum
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