deutsche Agrarpolitik-»Green-Deal«: Trotz der kommenden Lebensmittelknappheit sollen weniger Nahrungsmittel produziert werden.

Der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar verdrängte die zwei Jahre andauernde „tödliche Coronavirus-Pandemie“ sofort und fast vollständig aus den weltweiten Nachrichten. NATO-konforme westliche Medien, sowohl liberale als auch konservative, schalteten sofort in den Kriegspropagandamodus. Wie bei allen Kriegen, so ist es auch hier, die Wahrheit stirbt zuerst. Mit gängigen Propagandastories versuchen die unterschiedlichsten Gruppierungen ihre Interessen durchzusetzen.

Die Sanktionen und Gegensanktionen  werden  zu einer großen  weltweiten wirtschaftlichen Instabilität führen, insbesondere in den Bereichen Finanzmärkte, Energieversorgung, Landwirtschaft und verschiedener Metalle. Die Verbraucher werden mit hohen Energiepreisen, Benzin Mondpreisen, und knapper werdenden Lebensmittel und explodierenden Preisen in die Armutsfalle gedrängt. Die Kleinrentner leiden am meisten unter dieser Entwicklung. Statt Konsum ist Verzicht die Lebenswirklichkeit  dieser Menschen.

„Forschende“ nehmen den Krieg in der Ukraine zum Anlass in einem Offenen Brief die Bundesregierung  aufzufordern,  über das weltweite Ernährungssystem nachzudenken.

„Wir brauchen eine Transformation des Ernährungssystems – angesichts des Ukraine-Kriegs jetzt mehr denn je“, heißt es in dem Offenen Brief.  Angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine rufen wir die Bundesregierung dazu auf, die Transformation des Ernährungssystems aktiv zu beschleunigen.

Quelle: https://zenodo.org/record/6399478#.Yk1TT7g9VBl

Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner übte sich gerne in markigen Sprüchen: » „Kernaufgabe der Landwirtschaft ist die Produktion von Nahrungsmitteln  und nicht Landschaftspflege zu betreiben.“ Die EU jedoch feiert ihren »Green Deal« und eine neue »Farm-to-Fork«-Politik sowie einer weitreichenden »Biodiversitätsstrategie«. Ein drastischer Eklat gegen die Landwirtschaft, sagt Horst Roosen, Vorstand des UTR |Umwelt|Technik|Recht| e.V.

Zur Erinnerung: Die wichtigsten Helfer der Bauern bei der Arbeit auf dem Acker waren früher die Pferde. Heute erleichtern Maschinen die schwere Arbeit der Landwirte.  Nun  ist den Bauern ein Pferd in die Quere gekommen was sich nicht als treuer Helfer zeigt und auch kaum zu bändigen ist. „Es ist der Amtsschimmel der auf den Bauernhöfen wiehert“ berichtet Horst Roosen.

Die EU-Kommission will den Pflanzenschutz um die Hälfte reduzieren und Kartoffelkäfer, Schildlaus und Maiszünsler freie Bahn zu lassen, die Düngemengen reduzieren sowie in den kommenden zehn Jahren den Ökolandbau um 25 Prozent anheben. Der hat zwar in Deutschland mit zehn Prozent Anteil offenbar seinen Peak erreicht, soll dennoch mit aller Gewalt, sprich mit Millionen Euros, hochgehalten werden.

Die Politik wirft den Verbrauchern vor, ihre Lebensmittelauswahl hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt  des Preises zu treffen.

Dabei ist genau das gängige Praxis bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Die Zuschlagserteilung erfolgt in der Regel auf das Angebot mit dem billigsten Preis. Folge der Billigvergabe ist in vielen Fällen, dass Osteuropäische Arbeiter unter teils menschenunwürdigen Umständen für Hungerlöhne von Subunternehmern beschäftigt werden. Steuern und   Sozialversicherungsbeiträge  werden oft nicht bezahlt.

„Die staatlichen Schnäppchenjäger sollten erst einmal vor der eigenen Tür kehren, ehe Sie die Verbraucher mit höheren Lebensmittelpreisen erschrecken“ fordert   Roosen.

Kein Zweifel: Die Welt steuert auf eine drastische Verknappung der Lebensmittel zu.

Russland hat ein Exportverbot für Dünger erlassen, damit er im eigenen Land bleibt. Währenddessen hat das Land seinen eigenen Getreideanbau erheblich ausgedehnt. Russische Agrarmarkt-Analysten erwarten eine Getreideknappheit in Europa, damit höhere Preise und höhere Erlöse beim Verkauf von Getreide. Daher bewirtschaftet Russland in diesem Jahr Flächen, die im vergangenen Jahren nicht bearbeitet wurden.

Die Grünen beharren auf ihrer seit langem gewünschten Zerstörung der Landwirtschaft in Deutschland. Die grüne agrarpolitische Sprecherin Renate Künast sagt tatsächlich: »Der Green Deal ist heute wichtiger denn je«. Der grünen Politikerin, die selbst sehr gut verdient und schon früher gern anderen vorschreiben will, was sie zu essen haben, sind teure Lebensmittel und Hungersnöte gleichgültig. Sie beharrt auf jenem höchst umstrittenen »Green-Deal«. Das ist jenes politisch gewollte Bauernlegen, bei dem fachlich gut ausgebildete Landwirte mit hoch entwickelter Landwirtschaftstechnik durch auf Mittelalterniveau produzierende Bauern ersetzt werden sollen und dabei die Erträge halbiert werden.  Deutschland hat noch nicht kapiert, was hier eigentlich passiert: Inflation und Geldentwertung sind erst der Anfang. Für die Menschen ist es offensichtlich nicht vorstellbar, dass wir in eine Hungerkatastrophe  wie in den Jahren 1947/48 hineinbugsiert werden, befürchtet Horst Roosen, Vorstand des UTR| Umwelt|Tecnik|Recht| e.V.

Bauern sollen weniger produzieren. Wohlgemerkt: Mit jenem Green Deal sollen die Bauern gezwungen werden, weniger Pflanzenschutz zu betreiben. Damit wird ein größerer Teil Raub von Pflanzenschädlingen und Pilzen und Bakterien.

In Sachen Welternährung und Lebensmittelversorgung brennt es lichterloh.

Die Berliner Grünen haben nichts Besseres im Sinn als von ökologischen Krisen zu phantasieren. Noch erschreckender Ignoranz und Unfähigkeit im Berliner Landwirtschaftsministerium. Dort sitzt derzeit der grüne Özdemir auf dem Chefsessel, sieht von dort aus die Versorgung innerhalb der EU nicht gefährdet und betont in grüner Überheblichkeit in einer Pressemitteilung, dass Lebensmittel teurer werden – »nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Energiekosten«. »In der Konsequenz können wir auch nicht ausschließen, dass das bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an der Supermarktkasse ankommt«, heißt es in der Mitteilung weiter. Einer Kampfansage an die gesicherte Versorgung mit preisgünstigen Lebensmitteln kommt der Satz gleich: »Wer aber in dieser Situation fordert, erste Schritte der Europäischen Agrarpolitik hin zur Förderung einer klima- und umweltschonenden Landwirtschaft zurückzudrehen, dem will ich ganz deutlich machen, dass er hier auf dem Holzweg ist. Um das Recht auf Nahrung nachhaltig weltweit zu sichern, müssen wir die ökologischen Krisen entschieden bekämpfen.«

Der Bundeslandwirtschaftsminister müsste sich von Haus mit Grenzwerten, Nitratrichtlinien, roten Gebieten und der europäischen gemeinsamen Agrarpolitik befassen. Doch auf Dauer eine anstrengende Lektüre. Eine zu anstrengende Lektüre, denn Özdemir hat eine Weisung in das Landwirtschaftsministerium erteilt, weniger Vorlagen für ihn zu erstellen. Es reiche, wenn die Staatssekretäre die Papiere lesen. Diese Weisung bestätigte der Pressesprecher des Ministeriums gegenüber der Bild-Zeitung. Der erste türkischstämmige Bundesminister hatte kurz nach seinem Antlitz Amtsantritt versprochen: Ab jetzt wird geliefert. Das war es aber schon.

Agrar-Unternehmer Markus Wipperfürth hat eine Video-Konferenz mit drei Landwirten organisiert: Anthony Lee und Christian Lohmeyer aus Deutschland und Alexander Lissitsa aus der Ukraine. Der aus dem Fachbereich Wissenschaft und Technik bekannten Journalisten  Holger Douglas:

dokumentiert in einer gekürzten Fassung das Gespräch zum Thema „Landwirtschaft im Krieg“.

„Landwirtschaft im Krieg“ Gespräch mit Landwirten in Deutschland und Ukraine

»Da fragt man sich, wie viele Minen sind noch da?«, so der Landwirt aus der Ukraine Alexander Lissitsa, der berichtet, was er täglich unter russischem Beschuss tut. »Die erste Frage ist natürlich nach dem Überleben, klar. Die nächste Frage ist die: Wie gehen wir damit um?« Die Russen hinterlassen verbrannte Erde und werfen mit Drohnen Minen auf Felder. Die sind in absehbarer Zeit unpassierbar; kein Bauer kann mit seinem Traktor diese Felder bestellen.

Seit 2017 betreibt Lissitsa, der in Deutschland studiert hat, eine moderne Milchviehhaltung mit 1.000 Milchkühen in der Ukraine. Die moderne, computergesteuerte Milchanlage des Betriebes war der Stolz der Region. Allerdings liegt der Betrieb im Norden der Ukraine an der Grenze zu Weißrussland. Bereits am ersten Tag des Krieges waren die Russen da. Die haben den Bewohnern erst einmal alle Handys weggenommen, sodass keine Informationskanäle mehr möglich sind. Er und seine Kollegen haben seitdem keinen Zugang zum Dorf mehr, wissen nicht, was geschieht. Sie vertrauen auf die Fähigkeiten der Menschen im Ort.

Es ist ein Gespräch, das sprachlos macht, und man weiß nicht, wo als erstes anfangen: das Drama in der Ukraine, der russische Überfall – oder die desaströse grüne Agrarpolitik, die die existentielle Krise verschärft und die Christian Lohmeyer und seine Kollegen so wütend macht?

„Zum Teil sind unsere Lager komplett zerstört worden“

»Ich bin gerade 120 Kilometer von Lwiv (Lemberg) entfernt in der Westukraine und bewege mich in Richtung Poltawa«, erzählt Lissitsa. Normalerweise dauert der Weg sechs Stunden. Jetzt im Kriegszustand benötigt er aber zwei, drei Tage. Das hänge zum Teil an den Posten, die überall auf den Straßen verteilt sind, und der maximal möglichen Geschwindigkeit entsprechend um die 40, 50 Stundenkilometer. Und hinzu kommt natürlich die Tatsache, dass auch viele militärische Fahrzeuge im Konvoi vorbeifahren. Das muss natürlich alles aufgehalten werden.

Wenn man Pech hat, wird man bombardiert, und da muss man mal irgendwo einen sicheren Platz finden. »Insofern – das dauert jetzt mittlerweile ein bisschen länger als normal. Aber gut. Wie gesagt, für mich ist wichtig, jetzt nach Poltawa zu gehen. Das ist der einzige landwirtschaftliche Betrieb von meiner Gruppe, der noch einigermaßen funktioniert und wo ich davon ausgehe, dass wir mit der Aussaat nächste Woche beginnen können.« Er ist mit seinem Assistenten unterwegs; sie prüfen, was sie machen können. Jetzt soll eigentlich Sommergetreide ausgesät werden. Normalerweise.

»Ich habe insgesamt 120.000 Hektar, davon sind 20.000 Hektar in Poltawa / Zentralukraine und 100.000 Hektar in beiden Grenzregionen, und beide Grenzregionen werden gerade umkämpft, weil sie überall teilweise schon okkupiert sind. Insofern sieht es momentan nicht gut aus«, berichtet er angesichts der existenziellen Krise in sprachlos machender Nüchternheit. Er wollte mit der Bodenvorbereitung und in den ersten beiden Aprilwochen mit der Aussaat von Sonnenblumen und eine Woche später mit Mais beginnen. Lissitsa: »Das heißt, wir hoffen, dass wir mindestens in der Poltawa-Region irgendwas aussäen können.« Also die klassischen Arbeiten eben. Auf den anderen Betrieben wäre es jetzt zu gefährlich.

Lissitsa hat auf knapp 5.000 Hektar noch Winterweizen; auf diesen Flächen müsste jetzt Dünger gestreut werden. Denn im Gegensatz zur grünen Auffassung ist der sehr wohl notwendig, damit Pflanzen richtig wachsen können. Rund 30.000 Hektar Flächen liegen im Norden der Ukraine, an der Grenze zu Weißrussland. Die sind praktisch komplett von Russen okkupiert. Lissitsa: »Da sind die Russen in unseren Dörfern. Zum Teil sind unsere Lager komplett zerstört worden. Die Pflanzenschutzlager sind komplett zerstört worden. Die Treibstoffstation ist komplett zerstört worden«, so zählt Lissitsa auf. Eine wichtige Siloanlage wurde zerbombt.

„Knapp 2 Euro pro Liter für Diesel ist natürlich schon heftig, aber gut, wir haben keine andere Wahl“

Zu ihren 1.000 Milchkühen haben sie auch keinen Zugang mehr. »Also da sagen wir: Gut, da wird nix mehr werden, zum Teil auch mit Minen belegt, also nix.« Diese Milchkühe versorgt niemand mehr, die Verbindung zu den Maissilos, aus denen normalerweise das Futter kommt, ist unterbrochen. Sie bekommen jetzt nur noch etwas Silage, laufen jetzt teilweise frei über die Felder, bekommen Mastitis, Euterentzündungen. Veterinäre gibt es auch keine mehr, geschweige denn Medikamente oder zusätzliche Ergänzungsmittel und wichtige Aminosäuren. Die kamen überwiegend aus China. Die Russen hinterlassen verbrannte Erde. Ein Teil seiner Familie stammt aus Russland, sie weigern sich jetzt übrigens, russisch zu sprechen.

Die Maisaussaat müsste bis spätestens am 9., 10. Mai abgeschlossen worden sein. »Wenn wir bis dahin irgendwas schaffen, wäre gut. Wenn nicht, dann sieht es natürlich düster aus. Und wie gesagt, jetzt die ganze Planung und der ganze Fokus ist eigentlich auf Poltawa, wo wir davon ausgehen, dass wir das einigermaßen managen können.« Sie haben nur 20 Prozent der Mittel, die sie eigentlich brauchen. »Das heißt, es muss auch schnell zugekauft werden. Importe sind schwierig, obwohl die ukrainische Regierung die erlaubt hat. Es fehlt vor allem Diesel für die Traktoren. »Aber das ist nun mal schwierig. Wir haben heute in Hektik 120 Tonnen zugekauft. Knapp 2 Euro pro Liter für Diesel ist natürlich schon heftig, aber gut, wir haben keine andere Wahl.«

Sie versuchen, Saatgut zu bekommen und Pflanzenschutzmittel. »Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wichtige Pflanzenschutzmittel zum Teil aus der Schweiz von Syngenta oder aus Deutschland von Bayer, BASF zum Teil nicht geliefert worden waren«, so Lissitsa. »Das heißt, man muss auch damit umgehen, was man hat.« Er hat immer gesagt, Genossenschaften oder Kooperationen unter den Landwirten in der Ukraine würden nie funktionieren. Doch in der Not des Krieges funktioniert die Gemeinschaft; auch die Solidarität mit deutschen Landwirten ist sehr hoch.

Verhältnisse werden auf den Kopf gestellt – mit weitreichenden Folgen für die Ernährung weltweit

»Ich schweif’ noch mal ein bisschen ab«, lenkt Wipperwürth das Gespräch darauf, wie Lissitsa sein tägliches Leben in den Griff zu bekommen versucht. »Das eigentliche Thema ist die Landwirtschaft. Aber wir müssen uns das mal vorstellen können: Während wir hier reden, was könnte nachher passieren? Wie sah Deine letzte Nacht aus?« »Die war ruhig. Wir haben durchgeschlafen. Ich und mein Assistent pennen gerade jetzt in einem kleinen Hostel in der Nähe 120 Kilometer von Lviw.«

Vielleicht könnten sie noch 50 Prozent der bisherigen Getreideproduktion erzeugen, hofft Lissitsa. Doch die Erzeugung ist nur das eine, Lagerung und Transport das andere. Eine Ernte muss fachgerecht gelagert werden, sonst geht sie kaputt. Die Transportfrage ist genauso wesentlich. Hier sind die Grundlagen zerstört, die drei Schwarzmeerhäfen besetzt oder vermint. Über die Eisenbahn lassen sich solche Mengen kaum transportieren, zumal die ukrainischen Eisenbahnen auf der breiteren russischen Spur fahren und noch nicht einmal durchgängig nach Europa fahren könnten. Im besten Fall, so schätzt Lissitsa, ließen sich über die Eisenbahn fünf Millionen Tonnen Weizen von den 45 Millionen transportieren.

»Wenn alles in Deutschland läge, dann würde ich sagen, okay, 300.000 Tonnen Mais multipliziert mit 250 Euro je Tonne. Das wäre ein Cash, über den ich im Grunde verfüge. Jetzt in der Ukraine ist nix. Ich habe 300.000 Tonnen Mais gelagert in einem Speicher, der von Russen besetzt ist, zum Teil bombardiert wurde. Ich habe keinen Zugang. Wir haben keine Ahnung, was mit dem Getreide los ist. Ich habe keine Ahnung, ob ich in zwei, sechs Monaten auch Zugang haben werde. Und ich habe keine Ahnung, wenn ich auch sogar Zugang hätte, wie ich das transportieren soll und verkaufen soll.«

Es ändert sich komplett alles, die Verhältnisse werden komplett auf den Kopf gestellt. Mit weitreichenden Folgen für die Ernährung der Menschen weltweit. Es ist ein katastrophaler Eingriff in die weltweiten Nahrungsmittelströme, dessen Folgen niemand zu überblicken vermag. Lissitsa: »Die Ukraine hat im Jahr 2020, 2021 über 45 Millionen Tonnen Getreide exportiert. Hinzu kommen noch Raps und Rapssaat. Hinzu kommt noch Pflanzenöl. Hinzu kommen alle anderen Sachen, die ich noch nicht mal erwähne.«

„Um 10.000 Hektar nicht bewirtschaften zu können, reicht eine einzige Mine, die irgendwo herumliegt“

Ungläubiges Entsetzen herrscht bei den Fachleuten darüber, dass die Europäer noch nicht einmal glauben, was passiert, wenn zum Beispiel der Mais aus der Ukraine nicht mehr nach Spanien oder nach Dänemark transportiert werden kann. Die Ukraine liefert 8 Millionen Tonnen Mais jährlich nach Europa. Das sind 58 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU an Mais.

Christian Lohmeyer weist daraufhin, dass in Spanien mittlerweile die Schweine geschlachtet werden, obwohl die Preise steigen und weiter steigen werden: »Sie wissen nämlich, die Preise steigen noch weiter. Die haben … kein Futtergetreide mehr. Das hatten sie (die spanischen Schweinemastbetriebe, Anm. d. Red.) sich gesichert. Wo? In der Ukraine. Und sie kriegen es nicht. Das heißt, heute schon entsteht der Mangel, und wir haben unsere Schweinehaltung nach Spanien ausgelagert. Also betrifft uns das massivst schon heute.

In der Politik hören wir davon nichts. Die erzählen uns nur, wir haben ja 120 Prozent Selbstversorgungsgrad beim Weizen. Die nehmen sich also ein Produkt raus, wo wir über 100 Prozent liegen. Dann kann ich sagen, Kolumbien hat ja 8.000 Prozent Selbstversorgungsgrad bei Kaffee, und darum geht es denen ja gut. Auf dem Niveau wird gerade unsere Agrarpolitik, unsere Ernährungssicherheit diskutiert in diesem Land und zwar von unseren wichtigsten politischen Leuten oben im Bundeslandwirtschaftsministerium. Und mir wird Angst und Bange; und wenn ich jetzt höre, was Du mir erzählst, da wird es nicht besser.«

Er kommt auf den heikelsten Punkt: Er wohnt in einer Gegend, in der die Nato Manöver veranstaltet. Panzer verlegen schnell Übungsminen. Die pflügen sie bis heute immer wieder hoch. Doch dies ist nur Übungsmunition, in der Ukraine verminen die Russen mit scharfen Minen. Lohmeyer: »Um 10.000 Hektar nicht bewirtschaften zu können, reicht eine einzige Mine, die irgendwo herumliegt.« Kein Trecker fährt mehr über diesen Acker. »Wie siehst Du das überhaupt? Wo die Russen waren, da kann ich nicht davon ausgehen, dass ich da Bodenbearbeitung machen kann. Wie lange soll das dauern? Deine Flächen da oben im Norden, wo die, die das wieder freizuräumen, wen wir da von fünf Jahren, von zehn, von 20 Jahren?« In Lugansk habe es fünf bis sieben Monate gedauert, bis die Flächen geräumt wurden. Nur die Frage bleibt, so Lissitsa, wer soll sich jetzt darum kümmern?

Wo steht die Europäische Union mit ihrer Agrarpolitik?

Auch die internationalen Prognosen sind katastrophal. Vor allem Ägypten und Nordafrika hängen direkt von Getreidelieferungen aus der Ukraine ab. Die gibt es nicht mehr. Was werden die Menschen wieder machen? »Also der nächste Weg wäre dann Europa und wir wissen alle, wie gefährlich die Reise übers Mittelmeer ist. Und jetzt möchte ich dich mal fragen, wie denkst du, dass die Europäische Union oder vielleicht in dem Fall auch Deutschland darauf reagiert?« Lissitsa deutlich: »Wir sind alt genug, um uns zu erinnern an die Bilder aus dem Jahre 2007, wo in Ägypten, Mexiko und in anderen Ländern einfach mal Hunger ausbrach, weil die Preise so hoch waren. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um die Preise, es geht darum, dass die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln nicht garantiert werden kann.« Das ist natürlich das Hauptproblem.

Lissitsa: »Ich habe die Nachricht von dem Büro des französischen Präsidenten Macron gelesen, dass in den nächsten sechs, acht Monaten eine Lebensmittelkrise kommen wird. Nein, da irrt er sich. Aber das Problem ist nicht in den nächsten sechs, acht oder zwölf Monaten. Wir haben eine Krise für die nächsten mindestens drei Jahre. Und wieso haben wir die? Zum einen fällt die Ukraine aus, dann fällt auch noch Russland aus.« Russland hat jetzt seine Exporte bis zum 30. Juni gestoppt. Lissitsa: »Das Problem kommt später im Herbst, weil weder Russland noch die Ukraine noch Belarus Düngemittel exportieren werden, und die Hauptimporteure von Düngemittel aus der Ukraine oder Weissrussland sind die Lateinamerikaner. Das heißt, im nächsten Jahr, 2023, werden die Lateinamerikaner nicht die Erträge haben, die sie normalerweise haben sollen.« »Dann kommt natürlich die Frage. Wo steht denn die Europäische Union mit der Agrarpolitik?«

Doch die Ukraine ist nicht nur Lieferant von Sonnenblumenöl, sondern vieler anderer Agrarprodukte. Knapp 80 Prozent des Sonnenblumenöls kommen aus der Ukraine, »das wird in irgendwelchen Flaschen verteilt, in Hamburg oder was auch immer.

Keiner weiß, dass 80 Prozent von 10 Senfsaaten aus der Ukraine und Russland kommen.« »Jetzt stellen wir fest, in vier und fünf Monaten haben wir keinen Senf mehr in Deutschland, weil einfach die Senfsaaten aus der Ukraine nicht geliefert werden können. Und dann würde ich mal einen nächsten Tipp geben: Die EU ist der größte Importeur von Honig aus der Ukraine.« »Dann sagen sie, in fünf Monaten wir haben keinen Honig mehr, und dann bin ich mir sicher, dann kommen auch die Bierhersteller, die sagen ach, Braugerste wurde auch aus der Ukraine geliefert.«

Kleine rote Linsen für die Ökoläden kommen zum großen Teil aus der Ukraine. »Ja, da frage ich mich, was die meisten deutschen Öko-Läden verkaufen sollen, wenn die ukrainischen Öko-Linsen nicht kommen sollen. Viele Agrarprodukte werden vom Krieg betroffen und nicht mehr lieferbar sein. Lissitsa: »Ja, Tomaten: 30 Prozent kommen aus der Ukraine, nicht aus Spanien, nicht aus Italien, sondern aus der Ukraine.« Sie werden in Spanien weiter verarbeitet und mit dem Siegel »Made in Spain« verkauft.

Schlimmer kann man es sich nicht vorstellen. Es ist kein Wunder, dass es den drei gestandenen deutschen Landwirten die Sprache verschlägt. Oder ist es die Unfähigkeit der deutschen Agrarpolitik, die trotz der deutlich sichtbaren Lebensmittelkatastrophe an ihrer menschenfeindlichen Politik festhält und angesichts der kommenden Lebensmittelknappheit dennoch an einer links-grünen Politik des »Green Deal« festhält, die das Ziel hat, weniger Nahrungsmittel zu produzieren?

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