„Die Starken sind nur so lange mächtig, bis ein Stärkerer kommt.“
Mit diesem Slogan machte Ende der 60-Jahre der Opel-Commodore Jagd auf Mercedes 280 SE und BMW 2500. Mit Erfolg. Für kurze Zeit war Opel die Nummer eins unter den deutschen Autobauern.
Die Premium-Autohersteller versprachen – und tun es heute noch – ihren Kunden „Freude am Fahren“. Wer sich für BMW, Mercedes oder AUDI entscheidet der erwartet Fahrvergnügen und keine „grüne Mobilität“.
Der Autor dieser Zeilen, UTR-Vorstand Horst Roosen, Ende der sechziger Jahre ebenfalls begeisterter Commodore Fahrer, kann vor dem Hintergrund der aktuellen Abgasdiskussion nicht glauben, dass kein Mensch mehr Freude am Fahren hat! Oder haben darf?
Luxus wollte dereinst auch Volkswagen den Autofahrern bieten.
Doch den Luxus Phaeton wollte niemand haben. Der Commodore Slogan „die Starken sind nur so lange mächtig, bis ein Stärkerer kommt“ wollte selbst beim 6-Liter-Zwölfzylinder mit 450 PS nicht greifen.
Ein ganz besonderes Verständnis zu Luxus gab es im VW-System schon immer.
In guter Erinnerung sind da noch die Versorgung von Betriebsratsmitgliedern mit Prostituierten und die bezahlten Luxus-Shopping-Reisen nach Paris für deren Ehefrauen. Der damalige Betriebsratschef erhielt in 10 Jahren 2 Millionen Euro Prämien, während seine brasilianische Geliebte mit 400.000 Euro versorgt wurde. Auch hohe Beamte profitierten von diesem Treiben. Ja da flossen sogar Monatsgehälter von 5000.- Euro für null Gegenleistung. Der damalige VW-Personalchef war übrigens der Erfinder und Namensgeber der Hartz Gesetze.
Sogar das ganze deutsche Volk sollte dereinst den Luxus eines eigenen Wagens genießen dürfen.
„5 Mark die Woche musst du sparen, willst du im eigenen Wagen fahren! “
So wurde der „KdF-Wagen“ einst beworben. Das Interesse der Bevölkerung an diesem Ratensparplan war groß. Insgesamt sparten 336.668 Deutsche für diesen Zweck 280 Millionen Reichsmark an. Nach dem Krieg verloren die Anrechtsscheine im Wert von über 280 Millionen Reichsmark, die von etwa 340.000 Personen erworben worden waren, ihren Wert.
Eine Vielzahl von Sparern versuchte ab 1948 ihre Ansprüche mit juristischen Mitteln durchzusetzen. 1961 endeten die Prozesse mit dem Vergleichs-Angebot der Volkswagenwerk AG, den KdF-Sparern einen Rabatt von 600 DM beim Kauf eines Fahrzeuges zu gewähren, was knapp einem Sechstel des Neupreises entsprach. Wer sich keinen neuen Wagen kaufen wollte oder konnte, erhielt 100 DM ausbezahlt.
Die Sparer haben damals den Versprechungen geglaubt und waren am Ende die Dummen.
20 Jahre ist jetzt her, dass Ferdinand Piëchs Traum von einem großen Luxuswagen mit VW-Emblem wahr wurde. Aus dem Traum wurde allerdings ein Albtraum. Den Luxus, mit dem Phaeton viel Geld zu verbrennen, wollte man sich dann doch nicht auf Dauer leisten.
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Mehr zum Scheitern des Phaeton ist auf der Internetseite https://automotive-opinion.com des Motor Journalisten Peter Groschupf zu lesen.
Mit freundlicher Empfehlung des Autors Peter Groschupf können Sie seinen Bericht hier bei uns lesen.
Wer im Glashaus sitzt…
VON: PETER GROSCHUPF 9. JULI 2022
Vor 20 Jahren wollte Volkswagen mit dem Edelmodell Phaeton die Millionärskundschaft ködern. Doch die kaufte lieber weiter bei der Konkurrenz. Die Hintergründe eines Scheiterns auf höchstem Niveau.
Von Harald Kaiser
Schlimmer hätte es nicht laufen können. Der Nachfolger war fertig. 2015 sollte er auf den Markt kommen – zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, wie sich herausstellte. Denn der aufgedeckte Abgasbetrug crashte die Pläne von Volkswagen, die zweite Generation der Luxuslimousine Phaeton zu präsentieren. Am 3. September 2015 musste VW gegenüber der US-Umweltbehörde EPA die Manipulation von Abgaswerten bei Dieselmodellen einräumen. Die Öffentlichkeit erfuhr zunächst nichts davon. Doch nach der Veröffentlichung der Vorwürfe durch die EPA gab Volkswagen den Beschiss zu. Ein Riesenskandal. Damit war die Vorstellung des fix und fertig entwickelten neuen Spitzen-Volkswagens gestorben.
Großes Tamtam für einen Volkswagen
20 Jahre ist jetzt her, dass Ferdinand Piëchs Traum von einem großen Oberklassewagen mit VW-Emblem wahr wurde. Das Jubiläum war für den Wolfsburger Auto-Riesen jetzt Anlass Bilder zu veröffentlichen, dass der nächste Phaeton bereitstand, in die Verkaufsräume geschoben zu werden. Wie sein Vorgänger sollte auch er die schier übermächtigen Konkurrenten von Mercedes und BMW erschrecken – trotz der Erfahrung, dass dies ziemlich sicher wieder nicht klappen würde, entschied sich der Vorstand für den zweiten Versuch.
Beim ersten Modell war großes Tamtam angesagt. An jenem 11. Dezember 2001, dem Tag der Eröffnung der eigens für die Phaeton-Produktion hochgezogenen gläsernen Fabrik in Dresden, war Bundeskanzler Gerhard Schröder angereist, ebenso Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Und neben vielen anderen Granden war natürlich auch der damalige Konzern-vorstandsvorsitzende Ferdinand Piëch zugegen. Denn auf dessen Order hin wurde das Auto entwickelt und in dem Glaspalast nicht nur einfach von Hand sorgsam und dank der riesigen Scheiben auch publikumswirksam zusammengebaut. Nein, das Auto sollte ein Kunstwerk darstellen.
Intoniert von der Staatskapelle Dresden
Die Eingangshalle des Werkes war proppenvoll. Die Staatskapelle Dresden spielte die schon zur Grundsteinlegung komponierte Ouvertüre von Andreas Goldmann und Thomas Berlin, es sangen Ute Selbig und Jochen Kupfer von der ortsansässigen Semper Oper. Der Trompeter Rainer Bemmann blies sein Werk „Glasklar“ und schließlich traten auch noch Tänzer und sechzig Knaben des Dresdner Kreuzchores auf.
Nachdem der Applaus zu den künstlerischen Darbietungen verklungen war, trat Gerhard Schröder an das Rednerpult und sagte unter anderem dies: „Ich war damals im Aufsichtsrat des Unternehmens, als die Idee (zu dem Auto, d. Red.) entwickelt worden ist und schließlich beschlossen wurde. Ich habe zu denen gehört, die von der Konzeption überzeugt worden sind, und das hat sich auch nicht geändert. Wer die Überzeugungskraft von Dr. Piëch – jedenfalls auf diesem Gebiet – kennt, der weiß, wie so etwas geht. Für ihn ist Teamwork eben, wenn alle das tun, was er will. Das betrifft auch den Aufsichtsrat.“
Der Namensgeber endete nicht sehr glücklich
Daraufhin war leichte Erheiterung im Publikum zu vernehmen. Nur einer starrte ohne erkennbare Mimik auf den Laudator Schröder: Ferdinand Piëch. Und noch ernster, man könnte auch sagen böser, schien Piëchs Gesichtsausdruck zu werden, als Schröder auf den merkwürdigen Namen Phaeton zu sprechen kam. Er sagte: „Übrigens, Herr Dr. Piëch, wie der Name erklärt worden ist, ist ein wenig gefährlich; jedenfalls, wenn es in den Fahrzeugpark des Bundeskanzlers soll…Aber ich glaube, wir werden einen Weg finden, das Fahrzeug aufzunehmen, damit deutlich wird, dass auch das vierte große Automobil aus deutscher Produktion bei uns gefahren wird.“
Schröder spielte darauf an, dass der Name Phaeton von „Phaethon“ (der Leuchtende), dem Spross des griechischen Sonnengottes Helios, abgeleitet worden ist. Phaetons Geschichte ist mit einem missglückten Höhenflug verbunden. Laut griechischer Mythologie schwatzte der ungestüme Jüngling seinem Vater Helios nämlich den Sonnenwagen ab. Beim halbstarken Himmelsritt verlor der Filius die Kontrolle über die vier Rösser und setzte Himmel und Erde in Brand – wohl der größte Verkehrsunfall bis heute. Zeus, der Obergott, beendete schließlich die Reise und tötete Phaethon mit einem Blitz. Dazu gibt es auch das Ölgemälde “Der Sturz des Phaeton“ von Peter Paul Rubens, das um 1605entstanden ist.
Es war aus heutiger Sicht so, als hätte Schröder damals bereits geahnt, dass der gewählte Name auf das mutmaßlich bevorstehende Schicksal des gleichnamigen Automobils hindeuten könnte. Schröder wich kurz von seinem Redemanuskript ab und sagte mit einem bittersüßen Grinsen Ferdinand Piëch ins versteinerte Gesicht: „Ich bleibe bei D1.“ So hieß das interne Projektkürzel des Autos. Kurz nach dieser Glamour-Veranstaltung rollten zwar bereits die ersten Edel-Volkswagens aus dem Glaspalast – mit 3,2-Liter Sechszylinder/241 PS sowie einem 6-Liter-Zwölfzylinder/450 PS unter der breiten Haube. Doch die eigentliche Serienherstellung startete erst im Januar 2002.
Der Absturz kam ziemlich schnell
Und wie es die griechische Mythologie verhieß, so kam es tatsächlich. Statt schnurstracks Kurs auf den Olymp der Autogötter zu nehmen, erwies sich, dass die Verkaufserwartung der VW-Strategen von 20.000 Stück pro Jahr viel zu hoch lag. Laut Geschäftsbericht wurden 2011 die meisten Phaeton hergestellt: 11.166 Stück. Danach kam der Absturz. 2014 lag die Produktion nur noch bei rund 4.000 Autos. Spätestens dann wurde den Verantwortlichen klar, dass ihr Topmodell ein Geldverbrennungsofen war.
So hochwertig das Auto für die oberen Zehntausend auch gewesen sein mag, die Erkenntnis trotz positiver Marktforschung war bitter, dass der auch auf Prestige und Außenwirkung achtende typische Boss halt keinen Volkswagen fährt – bis auf die VW-Vorstände selbstverständlich. Von Dezember 2001 bis zum Produktionsende am 18. März 2016 wurden nur 84.235 Phaetons gebaut. Zum Vergleich: Von der Mercedes S-Klasse (Baureihe 221) liefen von September 2005 bis Mai 2013 genau 537.519 Fahrzeuge vom Band.
Die Verarbeitungsqualität war nahezu perfekt
Der optisch bieder wie ein größerer Passat wirkende Phaeton machte eben für die Spitzenzielgruppe bei weitem nicht so viel her wie eine S-Klasse oder ein Siebener-BMW. Auch die ungeheuere Sorgfalt beim Zusammenbau half nicht. Der Phaeton setzte qualitativ Maßstäbe, die bis heute kaum ein Auto erreicht. Nahezu ohne Rücksicht auf Kosten wurde eine Fertigungspräzision umgesetzt, die bei Blechfugen-Fetischisten Verzückung auslöst. Sprichwörtlich geworden ist zum Beispiel die mit unglaublichem Aufwand nahezu zugfrei gehaltene Klimaautomatik, deren unter Edelholzzierteilen versteckte Luftausströmer sich erst bei Bedarf automatisch und lautlos öffnen.
All dies half nichts. Analysten schätzten bereits Anfang 2015, gut ein Jahr vor dem Exodus, dass VW pro Phaeton 28.000 Euro zubuttern musste. Zuletzt kostete der Luxusschlitten 89.650 Euro – ohne Extras. Etwas gemildert wurde die desaströse Kassenlage durch die konzernweite Verwendung der Phaeton-Bodengruppe. So nutzte auch der Audi A8 (Generation D3) die Plattform und schaffte in sieben Jahren Bauzeit fast 150.000 Einheiten. Auch die Konzerntochter Bentley profitierte von dieser technischen Basis, ohne die die Modelle Continental und Flying Spur deutlich kostspieliger in der Herstellung geworden wären.
Inzwischen ist der gläserne Palast umfunktioniert worden. Wer sich heute die Nase an den riesigen Scheiben platt drückt, sieht vergleichsweise schnöde Elektro-Volkswagen vom Band laufen.
Quelle: https://automotive-opinion.com
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