GADAMERS REISEN Indien: So fremd, so vertraut
In Form eines kurzweiligen Reiseberichts beleuchtet Klaus-Jürgen Gadamer das scheinbar Fremde, das wir oft genug in unserer eigenen Vergangenheit wiederfinden.
Wir reden viel über asiatische und arabische Kulturen. Aber warum denken und handeln fremde Kulturen so anders als wir? In Form eines kurzweiligen Reiseberichts beleuchtet K.-J. Gadamer das scheinbar Fremde, das wir oft genug in unserer eigenen Vergangenheit wiederfinden. Garniert mit 19 Filmen im Internet und einem Vorwort des ehemaligen SPIEGEL- und WELT-Autors Matthias Matussek ermöglicht Gadamer einen Einblick in eine scheinbar fremde Welt, deren Vertreter wir auch immer öfter in Deutschland begegnen.
Hat mich Indien bisher interessiert? Ja, interessant war es schon zu hören, was diese fremde Kultur da draußen so Seltsames macht. Aber K.-J. Gadamer macht in seinem Buch – Die Reise durch Indien- diesen scheinbar so fremden Subkontinent durch einen persönlich gehaltenen Reisebericht verstehbar. Immer wieder wird die Fremdheit, die der Autor zuerst empfindet, geschildert. Dann bemüht sich Gadamer um Erklärungen für das andere Denken. Oft wird dann klar, dass Indien nicht nur eine fremde Kultur ist, sondern gleichzeitig ein lebendes Museum für Strukturen und Denkweisen, die bei uns außer Mode gekommen sind. Unmodern heißt aber nicht, dass dies falsch oder uninteressant wäre.
Wer geschäftlich mit Indien zu tun hat, fragt sich natürlich, wie ticken die Inder? Interkulturelle Seminare gibt es zuhauf. Viele Teilnehmer sind dann aber enttäuscht, wenn sie wirklich mit Indien konfrontiert sind. Gadamer zeigt die kulturellen Unterschiede. Wo es ein kaum funktionierendes Rechtssystem gibt und Korruption herrscht, werden vertrauenswürdige persönliche Beziehungen von Geschäftspartnern umso wichtiger. Wo die Angst vorherrscht, das Gesicht zu verlieren, gibt es auch keine Fehlerkultur. Diese werden dann, so lange es geht, vertuscht. Je hierarchischer eine Gesellschaft strukturiert ist, desto weniger gibt es eine offene Diskussionskultur und desto bestimmender ist die Meinung des Chefs. Ansatzweise mag dies in Deutschland auch so sein, in Indien gewinnt dies aber eine ganz andere Dimension. Damit muss dann umgegangen werden.
Warum ist die arrangierte Ehe in Indien auch heute selbst bei Akademikern verbreitet? Sind sie einfach zurückgeblieben oder ist unser Liebesbegriff so romantisch überhöht, dass er meist scheitert? Erfolgreich ist er in der Kultur der „Scheidungsmassaker“ jedenfalls nicht. So ist es von Gewinn, einmal eine ganz andere Denkweise vorurteilsfrei zu betrachten.
Immer wieder ist Gadamers Reisebericht von ganz persönlichen Erlebnissen geprägt. Das Buch ist eine ganz seltene Mischung zwischen literarischem Reisebericht und manchmal politisch unkorrekter Information über die Hintergründe der asiatischen Denkweise. Zu vielen Kapiteln gibt es Bilder und Filme im Internet, die noch einmal multimedial einen sinnlichen Eindruck verschaffen.
Gadamer scheut sich auch nicht, ganz heiße Eisen anzufassen. Er erklärt die Vorbehalte zwischen Hindus und Muslimen. Wer weiß schon, dass Indien 600 Jahre muslimisch besetzt war und die Hindus dadurch zig Millionen Opfer beklagten.
Oder der Begriff Schuld. Er ist für uns schon so normal, dass wir nicht mehr bemerken, dass dies eine Konstruktion der christlich westlichen Welt ist. In Asien gibt es weder Schuld noch Sünde. Aus negativem Verhalten resultiert zwar schlechtes Karma, das kann aber ganz ohne schlechtes Gewissen korrigiert werden. Ein fundamentaler Unterschied zum westlichen Denken. Das führt zu einer ganz anderen Sicht der Welt.
So werden von Gadamer immer Verständnishilfen der indischen Kultur gegeben, die zunächst einmal fremd scheinen, dann aber doch vertraut werden. Oft kann man die eigene Kultur im Spiegel des scheinbar Fremden besser verstehen.
Da werden sich die Geister scheiden: Man ist Fan von Gadamers Sprache oder eben nicht. Einzigartig ist sie auf jeden Fall. Die Ankunft in Delhi erinnert an psychedelische Sprachspiele oder wie es eben ist, wenn man mit einem Jetlag vom kuscheligen Daheim auf einen anderen Stern geworfen wird. Wer an Autoren wie Timmerberg oder T. C. Boyle seine Freude hat, wird auch bei Gadamer auf seine Kosten kommen.
Die Pointe des Buches sind zweifellos die Bildershows und Filme. Zu den fett gedruckten Abschnitten im Buch gibt es 19 Slideshows mit Originalklängen. Sie illustrieren das, was man gerade gelesen hat, und das ergibt zusammen ein wirklich plastisches Bild. Wer auf dem Sofa liest, kann die Filme mittels QR-Code auf seinem Smartphone anschauen, wer lieber im Internet zugange ist, kann das auf der Homepage gadamers-reisen.de tun. Multimedia einmal wirklich sinnvoll eingesetzt.
Eigentlich ist – Die Reise durch Indien- ein literarisches Sachbuch, das höchst unterhaltsam über die asiatische Kultur informiert und dabei immer einen vergleichenden Blick auf die eigene Welt wirft. Und das macht das Buch zu etwas ganz Besonderem.
Der aus dem Fachbereich Wissenschaft und Technik bekannte Journalist Holger Douglas ist Autor dieses Beitrags
Holger Douglas – Wissenschaftsjournalist und Dokumentarfilmer.
Holger Douglas begleitet kritisch neue Entwicklungen in Wissenschaft und Technik.
Seine Filme werden erfolgreich auch auf dem scheinbar alten Medium „DVD“ verkauft.
Mitgeteilt durch:
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****Bleiben Sie cool wenn Ihnen Ignoranten die Freude an Ihrer positiven Einstellung vermiesen wollen, früher glaubte man ja auch, die Erde sei eine Scheibe!